
Zahlreiche heiße österreichische Gemeindethemen diskutierte das Gemeindebundpräsidium vorige Woche im Rahmen einer gemeinsamen Fachreise ins derzeitige EU Vorsitzland Luxemburg und erfuhr, dass auch die luxemburgischen Gemeinden ähnliche Problemstellungen zu bewältigen haben. Auch wenn das Land an Größe “nur” das Zweitgrößte in Europa (noch kleiner als Vorarlberg) ist und ein doppelt so hohes BIP wie Österreich hat, so geht´s in Luxemburg wie bei uns um die Finanzen der Gemeinden, um die Flüchtslingsunterbringung und die sich laufend – in einer im Wandel befindlichen europäischen Gesellschaft – sich verändernden Aufgaben und neuen Herausforderungen für die Gemeinden. Es waren auf jeden Fall spannende Tage, die in der Diskussion zwischen den Bundesländervertretern auch wesentlich zur Weiterentwicklung so mancher unserer Standpunkte für die österreichischen Gemeinden geführt haben.

Bürgermeisterreise Luxemburg, 14.-17. Oktober 2015
Geographische Daten
Luxemburg liegt als kleiner Pufferstaat zwischen Belgien im Westen und Deutschland im Osten. Neben diesen beiden Grenzen hat es auch noch eine etwas kleinere Grenze zu Frankreich im Süden.
Mit 2580 km² ist Luxemburg nach Malta der zweitkleineste EU-Mitgliedsstaat und sogar um 15 km² kleiner als Vorarlberg. (also etwa Vorarlberg minus die Gemeindegröße von Riefensberg im Bregenzerwald)
Mit etwa 562.000 Einwohnern hat Luxemburg allerdings eine um etwa 50 Prozent größere Bevölkerungsdichte (217 EW/ km²) als Vorarlberg (147 EW/ km²), das ist auch mehr als doppelt so hoch wie Österreich. Die Einwohnerzahl ist etwa vergleichbar mit dem Land Kärnten (557.000 EW). Die Einwohner sind zu 45% Ausländer, es gibt zB große portugiesische Kommunitäten.
Geschichte und Kultur
Das Land wurde nach dem Aussterben der luxemburgischen Kaiserdynastie, unter denen Karl IV. oder Kaiser Sigismund hervortraten, in die burgundischen Länder eingegliedert. Mit der Hochzeit von Kaiser Maximilian mit Maria von Burgund gelangte das Land in den Einfluss der Familie Habsburg und war bis zum spanischen Erbfolgekrieg ein Teil der spanischen Niederlande. Trotz des Verlustes Spaniens konnte der Vater Maria Theresias, Karl VI. die Niederlande im Herrschaftsbereich der Habsburger erhalten. Luxemburg war damit noch rund 80 Jahre ein Teil der Österreichischen Erblande. In der Brabantischen Revolution gegen die josephinischen Reformen blieb Luxemburg das einzige Land, das dem damaligen Herrscherhaus loyal geblieben war. Die Annexion durch Frankreich und der Wiener Kongress sowie die Belgische Revolution verursachten mehrere Teilungen des Landes, wonach letztlich bei Erreichung der Unabhängigkeit 1839 ein großer Teil des französischsprachigen Landesteils als „Provinz Luxemburg“ an Belgien ging. Bis 1866 war Luxemburg Mitglied des Deutschen Bundes und wurde in Personalunion von den niederländischen Königen aus dem Haus Oranien-Nassau regiert. Nach dem Aussterben des Mannesstammes dieser Familie im Jahr 1890 übernahm die die Familie Nassau-Weilburg die Herrschaft über das Großherzogtum im Erbweg.
Landessprache ist Luxemburgisch, das ein moselfränkisches Idiom ist. Diese Sprache, die von 70% der Luxemburger/innen gesprochen wird, wurde aber erst 1984 zur Nationalsprache erklärt und trat somit neben die beiden bisherigen Amtssprachen Deutsch und Französisch hinzu.

Staatsform
Luxemburg ist eine parlamentarische Demokratie, gleichzeitig eine Konstitutionelle Monarchie, Staatsoberhaupt ist Großherzog Henri von Luxemburg, Herzog von Nassau und Prinz von Bourbon-Parma (Großneffe der letzten österr. Kaiserin Zita).
Luxemburg ist ein Gründungsmitglied der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, die Hauptstadt Luxemburg ist Verwaltungssitz der Europäischen Union, und zwar für den Europäischen Gerichtshof und den Europäischen Rechnungshof, Es befinden sich auch Verwaltungseinrichtungen des EU-Parlaments und der EU-Kommission in Luxemburg.
Die Stadt Luxemburg ist außerdem Sitz der Europäischen Investitionsbank und der Europäischen Finanzstabilisierungsfazilität EFSF.
Luxemburg ist Mitglied des Abkommens, das 1985 in der luxemburgischen Gemeinde Schengen abgeschlossen wurde und einen Raum ohne Grenzkontrollen vereinbarte (Schengen-Raum).
Sozialökonomische Eckdaten
BIPreal: 48 Mrd EUR vgl. Ö 334 Mrd. EUR
BIP pro Kopf: ca. 72.865 EUR vgl. Ö ca. 35.476 EUR
Staatsdefizit: ca. 0,0 % des BIP vgl. Ö 2,0 % des BIP
Staatsverschuldung: 24,9 % des BIP vgl. Ö 87 % des BIP
Inflation: 0,1 % vgl. Ö 0,9 %
Arbeitslose: 5,7 % vgl Ö 5,8 %
Wirtschaftswachstum: 3,4 % vgl. Ö 0,8 %
* alle Zahlen Prognosen für 2015 (Quelle EU-Kommission)
Gemeinden und Verwaltungsstruktur
Luxemburg besteht seit 1.1.2015 aus 105 Gemeinden, die die einzige staatliche Untergliederung bilden, es gibt in Luxemburg keine regionalen Gebietskörperschaften. Mit Oktober 2015 gibt es nur noch drei Kantone, die lediglich Verwaltungssprengel sind und der Zentralverwaltung als Organisationsstruktur dienen. Die bisher zusätzlich bestehenden 12 Distrikte, ebenfalls nur Verwaltungseinheiten, wurden im Rahmen eines administrativen Vereinfachungsprozesses mit Wirkung vom 4.10.2015 abgeschafft.
- Hauptstadt Luxemburg-Stadt: 107.000 EW
- Esch/Alzette: über 30.000 EW
- Weitere 5 Gemeinden mit über 10.000 EW
Die luxemburgischen Gemeinden sind ansonsten relativ klein strukturiert, zahlreiche Gemeinden haben weniger als 2.000 Einwohner. Zur Erfüllung kommunaler Aufgaben werden Gemeindeverbände errichtet.
Gemeindeorgane
Der Gemeinderat ist das beschlussfassende Organ der Gemeinde und setzt sich aus nach dem Verhältniswahlrecht (Kommunen über 3.000 EW) oder dem relativen Mehrheitswahlrecht („the winner takes it all“) gewählten Gemeinderäten zusammen, die für eine sechsjährige Mandatsperiode gewählt werden. Die letzten Kommunalwahlen fanden im Oktober 2011 statt.
Das Bürgermeister -und Schöffenkollegium geht aus dem Gemeinderat hervor, nachdem sich eine Majorität gebildet hat; seine Mitglieder werden vom Innenminister für sechs Jahre ernannt. Es bildet das Exekutiv- und Verwaltungsorgan der Gemeinde und sowohl kommunales als auch staatliches Organ (Umsetzung nationaler Gesetzgebung und polizeilicher Vorschriften).
- Luxemburg-Stadt steht unter direkter Aufsicht des Innenministers.
Der Bürgermeister wird von der luxemburgischen Regierung aus dem Kreis der Gemeinderäte für sechs Jahre ernannt. Er sitzt dem Gemeinderat und dem Schöffenkollegium vor und agiert sowohl als Gemeindeorgan als auch als staatliches Organ.
Kommunale Aufgaben
- Sozialhilfe
- Kultur und Sport
- Kindergärten und Primärschulen
- Umweltschutz
- Wasser, Abwasser
- Abfallentsorgung
- Katastrophenschutz, Brandwehr
- Straßenerhaltung, Verkehrsmanagement
Kommunale Finanzen
Die Einnahmen der luxemburgischen Kommunen setzen sich aus staatlichen Transferzahlungen und eigenen Steuern zusammen.
Die luxemburgischen Gemeinden erhalten Dotationen aus einem Gemeindefonds, der aus einem fix festgelegten Schlüssel an bestimmten zentral erhobenen Steuern, wie z.B. Einkommenssteuer, Mehrwertsteuer und KfZ-Steuer gespeist wird. Die Verteilung auf die einzelnen Gemeinden erfolgt nach Berücksichtigung eines Pauschalbetrags anhand mehrerer Kriterien (Bevölkerungszahl, Grünfläche, Bevölkerungsdichte).
Die gemeindeeigenen Steuern sind mit Kommunalsteuer und Grundsteuer in Österreich vergleichbar.
Darlehensaufnahme:
Luxemburgische Gemeinden können zur Finanzierung außerordentlicher Ausgaben Darlehen aufnehmen. Die Gewährung dieser Darlehen ist jedoch an strikte Bedingungen geknüpft, geplante Darlehen über 50.000€ müssen vorab vom Innenminister genehmigt werden, der auch dem letztlich ausverhandelten Darlehensvertrag zustimmen muss.
SYVICOL – Luxemburgischer Gemeindeverband
Der Verband luxemburgischer Gemeinden wurde 1963 gegründet und ging aus der bereits bestehenden nationalen Sektion des europäischen Rats der Gemeinden (gegründet 1951) hervor.
Mittlerweile ist SYVICOL ein anerkannter Partner der Regierung, der die Interessen aller luxemburgischen Gemeinden vertritt.
Präsident: Bgm. Emile Eicher, Gemeinde Clervaux
Vizepräsident: Bgm. Jean-Pierre Klein, Gemeinde Steinsel